Editorial #2 – Mai 2016 – „Richtung Ost-Südost“

In Sachen Wein geben seit langer Zeit die Länder im Westen und Süden Europas den Ton an. Frankreich gibt den Takt vor, in Italien, Spanien, Deutschland und Österreich spielt die Musik. Still und leise, bislang vom Publikum beinahe unbemerkt, betreten aber neue Mitspieler aus dem Südosten die große Bühne. Wir richten diesen Monat unseren Blick speziell in die aufstrebenden Regionen des „nahen Ostens“ Europas, die auf eine lange Weinbau-Tradition zurückblicken, aber gerade in jüngster Vergangenheit ihre Weinindustrie und damit einhergehend die Weinstile modernisiert und in Bezug auf die Qualität enorme Sprünge vollzogen haben.

Der große Reiz an diesen Regionen ist ihr Erbe an den unzähligen, weitestgehend unbekannten, autochthonen Rebsorten, die es hier zu entdecken gibt. Natürlich halten auch die internationalen Sorten Einzug, häufig befördert durch internationale Investoren und gefördert von westlichen Institutionen. Ein weiteres Pfund mit dem diese Weinbaugebiete wuchern können ist die sagenhafte Landschaft, was mich persönlich aber am meisten überrascht hat sind die vielen Superlative, die wir hier vorfinden. Seien es die größten Weinkeller und die größte Weinsammlung der Welt oder aber der größte Weingarten Europas. 

WOHIN GEHT ES DIESES MAL?

Wir beginnen unsere Reise in Österreich an der Donau, genauer in der Wachau. Wir finden dort Weltkulturerbe und Weltklasse Weine. Von dort geht es weiter auf den Balkan nach Slowenien und Montenegro. Die Weinindustrie beider Länder hat seit deren Unabhängigkeit einen enormen Aufschwung erlebt. Weiter in Richtung Osten treffen wir wieder auf die Donau auf ihrem Weg zum Schwarzen Meer, wir machen hier Station in Moldawien das uns in vielerlei Hinsicht zum Staunen bringt und runden schließlich unsere Reise mit einem Kellergespräch mit einer bekannten Weinmacherin aus Rumänien ab. 

Zu Beginn habe ich das Bild des „Orchesters“ gewählt und das nicht ohne Hintergrund, denn wir freuen uns ganz besonders über den ersten Beitrag von Aloisia Dauer, die sich auf die Weine Rumäniens konzentriert. Neben der Welt des Weins ist Aloisia in der Welt der Musik zu Hause, als Violinistin auf höchstem Niveau. Sie findet in ihren Berichten garantiert den richtigen Ton.

Viel Spaß bei unserer Reise Richtung Ost-Südost

Ingo Deckler
Chefredakteur

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Slowenien: Land der Berge, Seen, Wälder und des Weins!

Übersetzte Fassung des Artikels „The Best Country for Wine Tourism?“ von Chris Boiling, erschienen im Wine Tourist Magazine, Ausgabe März 2016.

„Ich fresse meine Arbeiter schon nicht, und das wissen sie auch.”, so stellt mir der biodynamische Weinmacher Radovan Šuman sein Personal vor – es sind Enten und Schafe. Dies ist einer der vielen unvergesslichen Momente meiner kurzen Tour durch eines der faszinierendsten Weinländer Europas: Slowenien.

Slovenske Gorice - Bildquelle: Lenarčič; www.slovenia.info
Slovenske Gorice – Bildquelle: Lenarčič; www.slovenia.info

Innerhalb von ein paar Tagen und wenigen hundert Kilometern habe ich eine enorme Bandbreite an Wein gesehen und gekostet. Ich habe einige der besten trockenen Weine der Welt probiert – Sortenreine Sauvignon Blancs, Rieslinge, Pinot Blancs, Pinot Gris, Chardonnays und Traminer. Ich habe auch ausgefallene Varianten probiert – Sauvignon Blanc, der für eine lange Lagerung bereitet wurde, Pinot Gris, der pinkfarbener war, als viele Rosés, einen Traminer, der 18 Jahre lang in Eichenfässern gereift ist und Weißweine, die länger als ein Jahr auf der Maische gelegen haben.

 

Ich habe Weltklasse Rotweine aus Pinot Noir, Merlot, Cabernet Sauvignon und Barbera gekostet. Auch habe ich ausdrucksvolle Weine aus weniger bekannten Trauben genossen, beispielsweise aus Furmint, Rebula, Pinela, Zelen, Blaufränkisch und Zweigelt. Einige der ungewöhnlichsten und vielschichtigsten Mischungen habe ich auch probiert. Es gab einen Gemischten Satz, Zaria genannt, der einige der ältesten weißen Trauben des Landes enthält: 55% Pinela, 20% Zelen, 10% Rebula, 8% Vitovska, 4% Klarnica, 2% Chardonnay und 1% Rumeni Muškat. Und es gab einen Rotwein, der aus 50% Pokalca (Schioppettino), 30% Modra Frankinja (Blaufränkisch) und 20% Refošk (Refosco) gemacht wurde.

Ich habe Weine probiert, die in riesigen Stahltanks, Barriquefässern, Betoneiern oder Amphoren ausgebaut wurden. Ich habe moderne Weinkellereien gesehen, die in den Hang hineingebaut wurden, Keller die bis auf das Jahr 1239 zurückgehen und Höhlen, die per Hand gegraben wurden. Ich sah die älteste Weinrebe der Welt und eine, die die Reblaus überlebt hat, da sich ihre Wurzeln in einem Haus befinden. Ich sah auch Landstriche mit neuen Anpflanzungen auf überwältigend schönen, terrassierten Hängen.

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Sloweniens
Sloweniens „Alte Reben“ Weinfest

Das alles habe ich in einem einzigen Land erlebt. Einem kleinen, wenig bekannten Land, das häufig von den Nachbarstaaten, Italien, Österreich, Ungarn und Kroatien überstrahlt wird. Slowenien ist ein Land voller Berge, Seen, Wälder, ruhiger Straßen und 22.300 Hektar Weinbergen. Die meisten Stationen auf der Tour sind kaum zwei Stunden Fahrt von der Hauptstadt Ljubljana entfernt. Und diese Ausfahrten bereiten unwahrscheinlich viel Freude.

Als Wein-Tourist sollte man unbedingt die Touristeninformationszentren (TIC) der jeweiligen Stadt aufsuchen. Diese verkaufen häufig Wein, bieten Verkostungen an oder arrangieren Besuche bei den Weingütern. Die Weine sind im Großen und Ganzen recht gefällig, rund 77% der Weine tragen die geschützte Ursprungsbezeichnung Sloweniens (PDO – Protected Designation of Origin), und man wird stets aufrichtig und herzlich begrüßt.

Bei kleineren Weingütern ist es üblich, dass der Winzer einen persönlich herumführt und die Weinprobe leitet. Sie sind dabei oft so leidenschaftlich, dass solche Verkostungen schon mal ein paar Stunden dauern können, denn sie möchten, dass man alles probiert, was sich sonst noch in ihren Fässern und Tanks befindet. Bei einem Weingut hat man für mich einen Furmint von 1976 hervorgeholt. Bei einem anderen haben sie nach meiner Meinung zu einem Chardonnay von 1990 gefragt, der also aus der Zeit stammt, bevor sich Slowenien von Jugoslawien loslöste.

Erfreulicherweise bieten viele der Weingüter eine Unterkunft an oder haben zumindest Bekannte, die ein Gästehaus betreiben. Ein Zimmer kostet durchschnittlich 50,- bis 70,- Euro pro Nacht. Man bekommt hier noch richtig was für sein Geld. So kann man guten Weißwein für 6,- bis 12,- Euro kaufen, ein ordentlicher Rotwein liegt zwischen 8,- und 15,- Euro und ein Dreigangmenü kostet 10,- bis 12,- Euro.

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Slowenien ist in drei Weinbauregionen unterteilt, Podravje, Posavje und Primorje. Jede von ihnen hat ihre eigenen Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten aufzuweisen.

Die Region im Nordosten, Podravje, ist für trockene Weine bekannt, die meist aus internationalen Rebsorten wie Sauvignon Blanc, Riesling und Traminer, sowie dem regionalen Flaggschiff Furmint (hier auch Sipon genannt) gemacht sind. Es gibt auch schöne Vertreter von Pinot Noir und den österreichischen Rotwein-Sorten Blaufränkisch und Zweigelt.

Weinberge von Jeruzalem. Bild: Marco Coppo; www.slovenia.info
Weinberge von Jeruzalem. Bild: Marco Coppo; www.slovenia.info

Die wichtigsten Städte dieser Region sind Maribor, wo die älteste Rebe der Welt zu finden ist (über 450 Jahre alt), und Ptuj, wo die Pullus-Keller bis ins Jahr 1239 zurückdatieren. In Podravje findet man auch den ältesten Schaumweinproduzenten des Landes, Radgonske Gorice, der seit 1852 Sekt nach klassischer Methode herstellt. Die wunderschönen Keller können besichtigt werden. Zu bestaunen gibt es dort einen kleinen Wasserfall der aus dem Fels entspringt und ein römisches Rad durch das sich wunderschön das Sonnenlicht bricht.

Andere Weingüter, die einen Besuch wert sind: Marof, das wie ein umgekehrtes Schiff erbaut wurde, in Anlehnung an die Zeit, als das Land noch vom Pannonischen Meer bedeckt war; Zlati Grič, das in den Berghang gebaut wurde und einen Neun-Loch Golfplatz zwischen den Reben zu bieten hat; sowie P&F (Puklavec and Friends), dem größten Weinproduzenten der Region, mit einem siebenstöckigen, zylinderförmigen Kellereigebäude.

Startpunkt: Entweder das Touristeninformationszentrum in Maribor oder in Jeruzalem.

Sehenswert: Jeruzalem, ein kleiner Ort im Herzen eines der besten Terroirs der Welt. Die dort angebauten Weine können im Touristeninformationszentrum probiert werden, ebenso im 300 Jahre alten Landhaus von P&F in den Weinbergen, oder in einem Weinladen in Svetinje, Svetinjska Klet. Halten Sie zum Mittagessen an der rustikalen Gostišče Taverna und probieren Sie die Pinot Noir-Merlot Cuvée, die 25 Monate in Maulbeerbaum-Fässern gereift ist.

Unterkunft: Das Zlati Grič Weingut bietet vier Appartements in einer ehemaligen Villa auf einem Hügels, von wo aus man das Anwesen überblicken kann; Hlebec besitzt sieben gemütliche Zimmer und bietet fantastische Hausmannskost zum Wein, der von Vater und Sohn hergestellt wird, beide heißen Milan Hlebec.

Besuchen Sie keinesfalls das Anfangs genannte kleine Weingut von Radovan Šuman in Zavrh, wenn Sie nicht seine biodynamischen Weine zu schätzen wissen. Ich war dort, als er eine Busreisegruppe abwies. „Sie werden meine Weine nicht verstehen”, meinte er.

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Posavje im Südosten ist ein Hotspot für Modra Frankinja und einer interessanten, hellroten, mit wenig Alkohol aber kräftiger Säure ausgestatteten Cuvée namens Cviček. Dies ist ein Verschnitt aus 70% roter Trauben (wie Modra Frankinja oder von Maribor’s alten Reben, Zametna Crnina) und 30% weißen Trauben (Kraljevina, Laški Rizling, Rumeni Plavec, Zeleni Silvanec, Ranfol, Lipna). Im Grunde ist es eine Mischung aus den alten Sorten, die die Reblaus überstanden haben!

Weinkeller Repnica Najgar
Weinkeller Repnica Najgar

Zu meinen Lieblingsproduzenten dieser Region zählt der exzentrische Janez Šekoranja, mit seinem Weingut – ‚Vino Graben‘ – und seinen Besonderheiten, wie einem bronzefarbenen Pinot Gris, der 45 Tage mit den Traubenschalen vergoren wurde, sowie einen süßen Traminer von 1997, der 18 Jahre in Eiche verbrachte. Diese Region hat seinen eigenen, erstklassigen Schaumweinproduzenten, Istenič, dessen Besitzer der ehemalige jugoslawische Torwart Janez Istenič ist. Einige seiner Weine zeigen die Vielfalt, die typisch für dieses Bizeljsko-Gebiet, Rumeni Plavec, ist.

Ein anderer Top-Produzent der Region ist der Süßwein-Guru Jožef Prus. Dies ist der einzige Ort, den ich kenne, an dem man Rumeni Muškat (Gelber Muskateller) in all seinen Variationen probieren kann: trocken, perlig und in drei verschiedenen, süßen Varianten (Spätlese, Eiswein und Trockenbeerenauslese).

Startpunkt: Touristeninformationszentrum in Krško oder Čatežob Savi.

Sehenswert: Die Repnice Weinkeller. Die Einheimischen haben diese Höhlen zur Lagerung von Obst und Gemüse, z.B. Rüben (Repa), in den Hang gegraben. Jetzt werden sie zur Lagerung von Wein genutzt und bieten eine tolle Atmosphäre, um regionale Speisen zu genießen. Ich habe die Repnica Najgar besucht.

Essen: Mein Lieblings-Fischrestaurant im Lande ist Ana Kranjčič, das eine eigene Bio-Fischzucht betreibt. Man kann die Fischzucht vor dem Essen besuchen, um zu sehen, wie die Forellen und Karpfen aufgezogen werden, die später auf dem Teller landen. Ich habe auch auf Burg Sevnica gegessen, die einen eindrucksvollen, runden Keller unter einem ihrer Türme hat.

Unterkunft: Ich übernachtete in einem der vielen natürlichen Spas des Landes, Čatež, das Pools im Innen- und Außenbereich, sowie eine Sauna und ein Casino hat. Eine Alternative dazu wäre die Burg Sevnica des gleichen Unternehmens. Außerdem hat das Weingut Istenič in Bizeljsko acht Doppelzimmer zu bieten.

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Primorje, westlich von Ljubljana, ist Sloweniens produktivste Weinbauregion mit einer Produktion von über 25 Millionen Liter Wein im Jahr. Hier befindet sich Sloveniens beliebteste Unterregion, Goriška Brda. Diese Region teilt sich sowohl das Hügelland wie auch die avantgardistische Gesinnung mit den Weinproduzenten im italienischen Collio. Die bekanntesten Weine sind Weißweine, aus der regionalen Leitsorte Rebula (Ribolla Gialla), es gibt aber auch viele gute Merlot-Cabernet-Kompositionen.

Goriska Brda. Bildquelle: Aleš Fevžer; www.slovenia.info
Goriska Brda. Bildquelle: Aleš Fevžer; www.slovenia.info

Der Star-Winzer in diesem Gebiet ist Aleš Kristančič von Movia. Movia arbeitet seit 20 Jahren biodynamisch und Aleš baut in achter Generation auf dem Anwesen rein biologisch an. Aleš’ Top-Weine sind ein Sauvignon Blanc, der zwei Jahre lang in französischen Eichenfässern gereift ist, ein roter Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Pinot Noir, sowie zwei Premium-Sekte – Puro und Puro Rosé – die nicht degorgiert sind, also noch die gesamte Hefe enthalten. Sie sind somit praktisch ewig lagerbar, jedoch entsprechend umständlich zu öffnen, da sie zunächst von der Hefe gezogen werden müssen. Eine Anleitung, wie man das unter Wasser selbst bewerkstelligt ist den Flaschen beigelegt.

Weiter die Straße entlang kommt man zum Bio-Winzer Marjan Simčič, dessen Weine ein wenig bodenständiger sind, jedoch ebenso konzentriert, komplex und kraftvoll. Marjan erzählte mir, dass er Wein produziert, der in 10 bis 20 Jahren zu trinken sei und hierfür die Hefen statt Schwefel nutzt, um ihn haltbar zu machen. Sein bekanntester Wein, Leonardo, wird aus getrockneten Rebula-Trauben bereitet und bekehrt wirklich jeden zum Dessertwein- Connoisseur.

Die Straße hinauf gibt es einen kleinen Schaumweinspezialisten, Bjana. Der Weinbauer Miran Sirk nimmt Rebula für seinen, nach klassischer Methode bereiteten Sekt, gemeinsam mit Chardonnay oder Pinot Noir. Miran meint, dass Rebula zur „Eleganz und Frische” der Assemblage beiträgt. Er und seine Frau Petra haben auch zwei luxuriöse Zimmer für Übernachtungsgäste anzubieten.

Für mich sind es die hohe Qualität und die enorme Vielfallt innerhalb von fünf Minuten Fahrt, die dieses Gebiet zu einem Juwel machen. Die benachbarte Unterregion, das Vipava Tal, hat auch viel Interessantes zu bieten. Dort gibt es einige herausragende biodynamisch und biologisch arbeitende Betriebe, Batič, Guerila und Burja nutzen den Vorteil der kräftigen Winde, die durch das Tal wehen. Hier gibt es drei autochthone Rebsorten: Pinela, Zelen und Klarnica. Darüber hinaus hat das Vipava-Tal zwei der besten Restaurants des Landes aufzuweisen: Zemono Manor und Majerija.

Startpunkt: Das Touristeninformationszentrum in Dobrovo, Vipava oder Ajdovščina, oder der Faladur Weinladen in Ajdovščina.

Sehenswert: Die Postojna Höhlen.

Unterkunft: Haus Iaquin in Goriška Brda, geführt von Brüdern, die ihren eigenen Wein produzieren, und Majerija im Vipava-Tal (www.majerija.si/de), mit einem fantastischen Restaurant, die 10 Gästezimmer liegen sämtlich unterirdisch neben dem historischen Bauernhof.

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Wachau: Marillen, 100 Parker Punkte aber keine Kängurus!

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Für englischsprachige Touristen kokettieren die Österreicher gerne mit der Analogie zwischen Austria und Australia. Obwohl ich bezweifle, dass hier tatsächlich noch jemand nach diesen putzigen Tieren fragt, gibt es in den einschlägigen Souvenirshops T-Shirts mit der Aufschrift „No Kangaroos in Austria!“ zu kaufen. Eigentlich braucht sich die Wachau keineswegs mit fremden Tieren zu schmücken, denn sie ist alleine schon eine bezaubernde Landschaft, UNESCO Weltkulturerbe und Heimat einer Vielzahl von seltenen, heimischen Tieren, allen voran der Smaragd Eidechse. Was dieses Tierchen mit dem Wein der Wachau zu tun hat, dazu später mehr.

Die Donau hat dieses wundervolle Stück Landschaft über Millionen von Jahren geformt. Obwohl nur rund 70 Kilometer flussaufwärts von der Metropole Wien entfernt, fühlt man sich hier wie in einer anderen Welt. Das enge Tal, das durch den gewaltigen Strom geteilt wird, erlaubt nur eine kleinteilige Bewirtschaftung. Die hiesigen Weingärten wurden den steilen Hängen in mühevoller Arbeit abgerungen. Kleine Weinorte und romantische Städte liegen zu beiden Ufern des Flusses, der in diesem Bereich nicht gestaut wird, so dass er mit einer hohen Geschwindigkeit fließt und sich in einigen Uferbereichen ungehindert ausbreiten kann.

 

Weintrauben sind das wichtigste Landwirtschaftliche Produkt dieser Region, gleich gefolgt von einer anderen Frucht, der Marille. Die Wachau ist eine von Österreichs Premium Weinbaugebieten, mit rund 3.300 Hektar an Rebflächen und einem eigenen Klassifikations-System für Wein. Während alle anderen Weinbauregionen in Österreich die geschützte Ursprungsbezeichnung „Districtus Austriae Controllatus“ (DAC) verwenden, hat die Vinea Wachau, in der die meisten der hiesigen Winzer organisiert sind, ihr eigenes Qualitätssystem entwickelt. Steinfeder, Federspiel und Smaragd heißen die unterschiedlichen Qualitätsstufen. Smaragd, die höchste der drei Stufen, bezieht sich auf die oben genannte Eidechsenart, die sich in den wärmenden Trockensteinmauern der Weinberge besonders wohl fühlt. Die wichtigsten Rebsorten dieser Gegend sind der Grüne Veltliner (oftmals auch kurz GV), Riesling und Gelber Muskateller. Rotwein spielt hier nur eine untergeordnete Rolle, Zweigelt ist die wichtigste heimische Sorte unter den Roten. Es dominiert ganz klar der trockene, bis knochentrockene Stil.

Trauben. Und sonst?

So weit so gut, aber was war nochmal mit den Marillen? Am linken Donauufer, wo die Hänge perfekt zur Sonne ausgerichtet sind, prägen vorrangig Reben das Landschaftsbild. Am rechten, dem Südufer, kultivieren die Landwirte eine andere Frucht, die Wachauer Marille, die zum regionalen Markenzeichen geworden ist. Die Marille ist eine Aprikose, die Einheimischen beharren darauf, dass es eine spezielle Sorte ist und – wie sollte es auch anders sein – natürlich die Beste. Fest steht jedenfalls, dass sie die Frucht in eine Vielzahl von köstlichen Delikatessen verwandeln. Frische Früchte bekommt man nur während der Erntezeit zwischen Juli und August, aber man bekommt sie auch als haltbare Variante in Form von köstlicher Marmelade. Ein absolutes Muss sind die Marillenknödel, eine süße Mehlspeise, die eine ganze Marille enthält. Das ganze kann man dann mit der destillierten Variante der Frucht, dem Marillenbrand abrunden.

Was diese Gegend so reizvoll macht, ist, dass weder die Weinstöcke noch die Marillen in großen Plantagen stehen, sondern als kleine Flecken, den Rieden, in einem Patchwork mit anderem Grün angeordnet sind. Die Reben stehen meist auf schmalen Terrassen, die von Trockensteinmauern gestützt sind, was einen erheblichen Aufwand an Handarbeit für die Winzer bedeutet. Ein tolles Naturschauspiel ist die Marillenblüte im April, wenn die gesamte Region in eine Pracht aus weißen und pinken Blüten gehüllt ist. Das läutet dann auch den Beginn der Tourismus-Saison ein.

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Jetzt aber zum Wein!

Sicherlich ist der Wein das Kernprodukt der Region und es gibt hier einige Weine, die zu den besten der Welt zählen. Im Jahr 2014 wurde ein besonderes Exemplar von Robert Parker mit der höchst möglichen Punktezahl von 100 geehrt. Dieser außergewöhnliche 1995er Riesling „Vinothek“ vom Weingut Nikolaihof ist 17 Jahre im Holzfass gereift. Man könnte meinen, dass dies ein einmaliger Glücksfall war, aber die Prämierung des 1997er Jahrgangs mit 97 Punkten im darauffolgenden Jahr hat gezeigt, dass das sicher keine Eintagsfliege war.

Der Nikolaihof ist ein familiengeführtes Weingut in Mautern am rechten Ufer der Donau. Die Familie Saahs arbeitet strikt biodynamisch nach „demeter“ Richtlinien, einer der strengsten Kontrollorganisationen für biologische Landwirtschaft. Im Nikolaihof gibt es auch eine gemütliche Weinstube mit hervorragender Küche, wo es ausgezeichnete, biologische Gerichte und die gutseigenen Weine im offenen Ausschank gibt. Sogar der 1997er Riesling „Vinothek“ – der 97 Punkte-Wein – war auf der Karte zu finden (der 100-Punkte-1995er war leider zu der Zeit bereits ausverkauft). Unglaublich wie frisch, beinahe jung ein 17 Jahre alter Wein sein kein. Das ist Riesling auf allerhöchstem Niveau! (www.nikolaihof.at)

Wein vom Schweden!

Schräg gegenüber, auf der anderen Seite der Donau, in Stein an der Donau, strebt ein junger Winzer ebenfalls nach dem perfekten Riesling. Sein Name: Urban T. Stagård. Der lustige Kringel im Namen ist keineswegs ein Tippfehler, sondern weist auf seine familiären Wurzeln hin. Er ist halb Schwede, halb Österreicher, was ihn aus der Masse der österreichischen Weinmacher hervorhebt. Das mag mit ein Grund für seinen kometenhaften Aufstieg in der Weinwelt sein, es wäre aber nicht von Dauer, wenn er nicht mit jedem Jahrgang dieses Ansehen bestätigen würde.

Steinzeug in Stein an der Donau, bei Stagårds
Steinzeug in Stein an der Donau, bei Stagårds

Manche bezeichnen Urban als einen „Jungen Wilden“, was auf seinen persönlichen Jahrgang 1978 zurückzuführen ist, andere sehen ihn als Weinverrückten. Wie auch immer, er arbeitet unermüdlich daran seine Weine zu perfektionieren. Gemeinsam mit seiner Frau Dominique produziert er rein biologisch und beschreitet neue Wege, indem er alte Traditionen der Weinbereitung wiederbelebt. In ihrem Keller findet man neben anderen Behältnissen auch Steinzeug Gefäße, in denen die besten Trauben zum Teil auf der Maische vergären. Zwei dieser Gefäße sind ihren neugeborenen Zwillingen gewidmet. Sie enthalten Most von Riesling Trauben und zum Teil noch intakte Trauben mit Stil und Stängel. Urban hat uns erklärt, dass er den Wein erst abfüllt, wenn seine Zwillinge das Wort Riesling aussprechen können. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er es ernst gemeint hat.

Der Stagård Wein mit der höchsten Parker-Bewertung von 94 Punkten ist der 2013er Riesling „Steinzeug“, was sich sowohl auf den Ausbau in eben solchen Gefäßen, als auch auf die Herkunft der Trauben – aus Stein an der Donau – bezieht. Genau genommen gehört Stein an der Donau gerade nicht mehr zum Weinanbaugebiet Wachau, die Grenze verläuft einen Steinwurf entfernt flussaufwärts, Urbans Weine sind also aus der Region Kremstal und entsprechend mit Kremstal DAC etikettiert. Obwohl seine Passion sicher der Riesling ist, so hat er auch tolle Grüne Veltliner zu bieten.

Varmt välkommen zum Heurigen!

Man könnte ja meinen, dass die Stagårds mit der Weinerzeugung und mit ihren Zwillingen voll ausgelastet wären, aber weit gefehlt. Sie beteiligen sich an der hiesigen Tradition der österreichischen Winzer, ihre gute Stube für mehrere Wochen im Jahr in eine Weinstube zu verwandeln. Dann heißt es „Ausg’steckt is“, also dass der Strohkranz als Zeichen für den Heurigen wieder über der Tür hängt. Im Heurigen, auch Buschenschank genannt, wird traditionell der „heurige“, also der diesjährige Wein ausgeschenkt, dazu gibt es regionale Speisen. In dieser Hinsicht weichen die Stagårds ein wenig von der Tradition ab, in ihrem Heurigen gibt es schwedisch beeinflusste Gerichte (www.stagard.at).

Welche Seite soll es sein?

Die Donau ist nicht nur das einende Element der Wachau, sie ist auch das trennende. Es ist nicht immer einfach vom einen Ufer zum anderen zu gelangen. Sicher, es gibt Brücken, aber zwischen der in Melk, am westlichen Ende der Wachau, bis zur nächsten bei Mautern liegen gut 30 Kilometer. Man sollte sich also gut überlegen auf welcher Seite man unterkommen will. Die gute Nachricht, es gibt auch einige Fähren, mit denen man zum gegenüber liegenden Ufer gelangt. Einige befördern aber nur Fußgänger oder Radfahrer. Letzteres wäre ohnehin die empfehlenswerte Fortbewegung, wenn man gerne ein paar Weine probieren möchte. Es gibt zu beiden Seiten des Flusses gut ausgebaute Radwege und an vielen öffentlichen Plätzen auch Räder zu leihen (Verleihstationen sind unter www.nextbike.at zu finden).

Wie schon gesagt, beide Ufer der Donau sind unterschiedlich, aber beide haben auch ihren jeweils eigenen Charme. Das linke Ufer, dort wo die Weinberge dominieren, ist definitiv das belebtere. Die meisten (internationalen) Touristen landen hier und die Orte Spitz, Dürnstein oder Krems auf dieser Seite sind wirklich sehenswert. Das rechte, das Südufer, wo die Marillen die Szenerie beherrschen, ist das ruhigere. Hier kann man herrliche Wanderungen mit tollem Panoramablick unternehmen und selbstverständlich muss man auch hier nicht auf Wein und Speise verzichten. Ein beliebtes Ziel ist Pulker‘s Heurigen in Rührsdorf, der die gesamte Saison, von März bis Oktober geöffnet hat. Eine liebevoll eingerichtete Weinstube mit ausgezeichneter Menükarte (www.pulkers-heuriger.at).

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Tipps für die Reise

Aus Deutschland kommend erreicht man die Wachau mit dem Auto über die Autobahn A1/E60 Richtung Wien. Ab Melk geht es an der Donau entlang in die Wachau.

Der internationale Flughafen Wien-Schwechat (VIE) liegt eine Autostunde entfernt. Ein Auto wäre hilfreich, vor allem, wenn man auch die Orte in der weiteren Umgebung erkunden möchte. Es verkehren regelmäßige Buslinien auf beiden Seiten der Donau, sowie die Wachaubahn, eine historische Eisenbahn, die am linken Ufer direkt unterhalb der Weinberge verläuft.

Generell fällt die Tourismussaison mit der Vegetationsperiode der Reben zusammen. Sie startet Ende April mit dem „Wachauer Frühling“, zu dem Ereignis viele Winzer der Wachau ihre Höfe, Keller und Stuben öffnen. Hier kann man die neuen Weine verkosten.

Es gibt unzählige Unterkunftsmöglichkeiten in sämtlichen Kategorien. Eine sehr hilfreiche Informationsquelle ist der „Best-of-Wachau“ Führer (www.bestof-wachau.at), der ein breites Spektrum an Hotels und Gästehäusern auflistet.

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Montenegro: Die Weine vom Skutarisee

Als ich vor einiger Zeit in Montenegro war, einem Land, das seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 2006 immens an Selbstbewusstsein gewonnen hat, hatte ich das große Glück einige Weingüter besuchen zu können und die heimischen Weine zu kosten.

Mitte des 19. Jahrhunderts verkündete Nikola Petrovic, der junge montenegrinische Prinz: “jeder Soldat, der aus einem Ort stammt, wo Wein gedeiht, muss 200 Reben pflanzen!” und begründete somit ein neues Zeitalter für den montenegrinischen Wein. Ein gutes Jahrhundert später, Anfang der 1970er Jahre, sorgte die Belegschaft eines Landwirtschaftlichen Großbetriebs dafür, dass ein bedeutender Anteil des Ackerlandes für die Kultivierung von Weinreben genutzt wird. Zwischen 1977 und 1982 ist der karge Boden von Cemovsko zu einer der Spitzenlagen für Wein vom Balkan geworden. 

Es gibt unzählige Arten von wilden Reben, die nur in dieser Gegend rund um den Skutarisee (Skadarsko Jezero) zu finden sind. In dieser Region sind seit je her viele Weinerzeuger beheimatet. Nur wenige exportieren ins Ausland, die meisten produzieren für den Hausgebrauch oder verkaufen innerhalb Montenegros, manche auch nach Russland, wohin enge Handelsbeziehungen bestehen. An den Hängen der hohen Berge gab es früher noch viele Weinberge, in Folge des zweiten Weltkriegs wurden aber viele Einwohner aus den Dörfern in die Städte getrieben und eine große Zahl dieser Lagen aufgegeben. Das verheerende Erdbeben von 1979 hat zudem die meisten der höher gelegenen Weingärten zerstört.

In Montenegro gibt es drei Hauptregionen mit nennenswertem Weinbau, Podgorica, Rogami und CrmnicaDie besten Weine kommen aus dem Gebiet Crmnica rund um den Skutarisee. Das Grundwasser reicht hier bis wenige Meter unter den Boden, überall gibt es Quellen, perfekte Bedingungen um Wein anzubauen. Ganz in der Nähe liegt der Ort Virpazar, eine alte osmanische Siedlung. Die meisten Familien hier sind entweder Weinerzeuger – so ziemlich jedes Haus hat seinen eigenen Weingarten und Ausstattung zum Keltern – oder Fischhändler, was bei der Nähe zum See nicht verwundert. Der Ort ist ein touristischer Höhepunkt, der für seinen riesigen Markt bekannt ist, wo es hausgemachten Wein und regionalen Fisch zu kaufen gibt. Vor allem im September, wenn das Wein- und Fischfest stattfindet, ist hier großer Trubel. 

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Nicht weit entfernt ist das kleine Weingut Savina (http://castelsavina.me/). Seit venezianischen Zeiten wird in dieser Region Wein erzeugt. Von der historischen Weinbau-Tradition zeugt eine alte Katasterkarte aus dem Jahr 1753, mit Flurstücken um das Savina Kloster und den Ort Meljine, die als „terra vignata“ bezeichnet sind. Das Familienweingut Savina arbeitet erst seit zwei Jahren kommerziell. Die Familie Obradović hat mich herzlich begrüßt und mit mir eine Tour über ihr faszinierendes Stück Land gemacht. Oliven- und Zitrusbäume sind in die Weingärten eingestreut, ein fantastischer Anblick. In nur zwei Jahren haben Sie es schon weit gebracht. Sie haben einen serbischen Önologen angestellt, der ihnen “Zuversicht gegeben hat, ihr Familiengeschäft an den Markt zu bringen”. Inzwischen beliefern sie die Spitzenrestaurants Belgrads und Montenegros. “Wir haben die Geschichte der Olivenöl- und Weinproduktion auf unserem Anwesen in die heutige Zeit bringen wollen”. Es gibt bereits Pläne für eine Villa zum Vermieten, ebenso für die Vergrößerung des Guts.

Ich würde unbedingt empfehlen, die Weintour mit einer Kreuzfahrt auf dem Skutarisee abzurunden. Der See ist der größte auf dem Balkan und er rühmt sich eine Vielzahl an gefährdeten Vogelarten zu beheimaten, allen voran den Krauskopfpelikan. Ich hatte das große Glück, gleich fünf dieser seltenen Vögel zu entdecken, mir wurde versichert, dass dies eine ausgesprochene Seltenheit sei. Diese prachtvollen Geschöpfe zu beobachten, wie sie über das azurblaue Wasser gleiten, ist geradezu mystisch.

Die eindrucksvollste Station auf meiner Reise war zweifellos die beim größten Rebfeld Europas – 30 km von der südlichen Adriaküste entfernt. Die idyllisch gelegene, staatliche Weinkellerei Plantaže (http://www.plantaze.com/) wurde 1963 gegründet, beginnend mit 200 Hektar an Rebflächen, und 2 Millionen Euro an Investitionen. Inzwischen hat der größte zusammenhängende Weingarten ‚Ćemovsko polje‘ alleine 2.310 Hektar, das ist mehr als die vier kleinsten Anbaugebiete Deutschlands zusammengenommen. Ich sage staatlich, obwohl 44% der Anteile in Privatbesitz sind. Der Staat hält noch die Mehrheit von 56%, was aber durchaus von Vorteil ist, vor allem wenn es um die riesigen Tourismusmarketing Aktivitäten geht. Die Reben profitieren von 290 Tagen Sonne im Jahr und dem kreidehaltigen Kalksteinboden, sowie den großen Kieselsteinen, die die Hitze des Tages puffern, um sie nachts wieder an die Weinstöcke abzugeben. Alles in Allem optimale Bedingungen.

Neben Oliven, 85 Hektar an Pfirsichbäumen und einer bedeutenden Fischzucht für Regenbogenforellen, gibt es eben diesen riesigen Weingarten, der 27 verschiede Rebsorten beherbergt. Darunter Chardonnay, Cabernet und natürlich Krstač, deren Name auf die Art zurückzuführen ist, wie ihre Trauben ein Kreuz zu bilden scheinen. Es ist eine alte weiße Traubensorte, der Art Vitis Vinifera, die nur in Serbien und Montenegro zu finden ist, wo sie hauptsächlich rund um die Hauptstadt Podgorica wächst. Plantaže ist das einzige Weingut der Welt, das Krstač anbaut und Wein produziert, der diesen Namen auf dem Etikett trägt. Es ist ein erstklassiger, voller, trockener Weißwein mit hellgelber Farbe, Birnen- und Pfirsichnoten sowie harmonischen floralen Aromen, er hat eine angenehme Säure und 12,5-%-Alkohol. Viele haben erfolglos versucht, diese Traubensorte mit ihren ovalen Beeren anderswo zu kultivieren, sie scheint aber nur im günstigen montenegrinischen Klima zu gedeihen, das genau die richtigen Bedingungen, wenig Regen und Eimerweise Sonnenschein zu bieten hat.

Überwältigende 70% der von Plantaže angebauten Reben sind die kräftige Vranac, was schwarzes Pferd bedeutet. Interessanterweise hört man hier nur selten den Ausdruck ‚Rotwein‘, stattdessen sagt man ’schwarzer Wein‘. Vranac hat seit ihrem Ritterschlag auf der Londoner Wine Fair von 1907 viele internationale Auszeichnungen gewonnen. Vranac wächst in kleinen Trauben deren Beeren einen beträchtlichen Zuckergehalt haben. Die Verkäufe von Plantaže setzen sich durchschnittlich aus 25% Weißwein, 10% Branntwein und 65% Vranac zusammen. 40% werden innerhalb von Montenegro, 35% in Serbien und der Rest weltweit vertrieben, insbesondere in Russland, Australien, den Vereinigten Staaten, China und England. In den drei beeindruckenden Weinkellern von Plantaže lagern 2 Millionen Liter Wein, 17 Millionen Flaschen Wein- und Branntwein werden jährlich erzeugt. Die Touristen kommen überwiegend aus Deutschland, Russland und Italien, aber der größte Zulauf kommt aus Skandinavien zusammen mit vielen Montenegrinern, die bislang gar nicht wussten, dass sie in einem Land leben, das den größten Weingarten Europas beherbergt.

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Während die Weingemeinde empfiehlt, Vranac mit Makkaroni, Rindfleischcurry oder Fleischbällchen zu servieren, würde ich vorschlagen diesen Roten mit der regionalen Spezialität ‚Käse in Öl‘ zu paaren. Das ist im Wesentlichen ein reifer trockener Kuhmilch-Käse, der gewürfelt und mit Olivenöl sowie dem hier angebauten Rosmarin, für einen Monat in einem Glas eingelegt wird. Eine weitere Spezialität, die einfach mit Brot, Käse und Wein serviert wird, ist der berühmte luftgetrocknete Schinken aus Njegusi. Man sagt, es geschieht etwas Magisches, wenn hier die beiden Luftströmungen aus dem gebirgigen Norden und von der Adriatischen Küste kollidieren. Es lohnt sich auf jeden Fall ein großes Stück davon mit nach Hause nehmen!

Die Mahlzeiten werden hier gewöhnlich mit einem Schuss Schnaps eingeläutet, Quitte für die Damen und der Traubenbrand Loza, der Sie von den Socken hauen wird, für die Herren. Montenegro ist zweifellos eine kulinarische Entdeckungsreise wert, und wenn man sich auf nur zwei Weine beschränken müsste, dann wären es sicher die, die in diesem Land einzigartig sind; Vranac und Krstač. Das Schöne dabei: Man bekommt je einen Roten und einen Weißen…

Übersetzte Fassung des Artikels „The Wines of Lake Skadar“ von Yasemen Kaner-White, erschienen im Wine Tourist Magazine, Ausgabe März 2016.

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Surreale Momente in Moldawien

Übersetzte Fassung des Artikels „Surreal Moments in Moldova“ von Chris Boiling, erschienen im Wine Tourist Magazine, Ausgabe März 2016.

Alle Augen sind auf uns gerichtet. Unser Mercedes Minivan ist, gemessen an den aufgerissenen Augen der an den Straßen spielenden Kinder, für hiesige Verhältnisse riesig. Seine 201 Pferdestärken konkurrieren gegen die von Pferden gezogenen Karren, die in diesem kleinen osteuropäischen Land weiter verbreitet zu sein scheinen. Das funktionelle, klassische Design des Kombis steht im krassen Gegensatz zu den halb fertigen „Palästen“, die durch ein Labyrinth von Schotterpisten miteinander verbunden sind, auf denen wir gerade entlang holpern.

Weingut Purcari
Weingut Purcari

Wir finden uns in einer Ansammlung aus unvollendeten Prestigeprojekten wieder – nackte Hohlblockwände und weiße Säulen mit glänzenden Goldkuppeln, Statuen von Löwen und Pferden in Gärten voller Schutt. Wir sind in Soroca, im Nordosten der Republik Moldawien, in der Nähe der Grenze zur Ukraine, in einer als ‚Gypsy Hill‘ (Zigeunerhügel) bekannten Region.

 

Ein dunkelhaariger Teenager, in schwarzen, teuer aussehenden Schuhen, ebensolchem Gürtel und Armbanduhr, führt uns zum Anwesen seiner Familie. Es ist zweifellos beeindruckend. Das imposante Betonblock-Gebäude ist voll mit antiken Möbeln, Wandteppichen, religiösen Skulpturen, Kristallleuchtern und prächtigen Bildern.

Nach der zweieinhalb-stündigen Fahrt von der Hauptstadt Chişinău hierher, bin ich erstmal reif für ein Bad. Es gibt im Haus tatsächlich ein Bad mit einem kleinen Pool gleich neben der Badewanne.

Als ich ins Esszimmer zurückkomme, wird mir selbst erzeugter Rotwein serviert. Er ist süß und näher am Traubensaft als am Wein. Ich heuchle, dass er köstlich sei. Die Frau des Hauses, die der herrschenden Cherari Dynastie angehört, erklärt, warum ihr Mann und ihre anderen Söhne nicht hier sind. Sie sind gerade in den entfernteren Teilen Russlands und verkaufen “Äpfel und Birnen”, die dort als „exotische“ Früchte gelten.

Das Weintrinken in diesem Roma Palast zählt zu einem der wundersamsten Momente meines Lebens. Aber diese viel zu kurze, viertägige Reise nach Moldawien hielt gleich mehrere solcher surrealen Überraschungen für mich bereit. Ich bin auf dieses ehemalig sowjetische Land aufmerksam geworden, weil es mit auf die längste Geschichte der Weinerzeugung zurück blickt (etwa bis auf 3000 v.Chr.), und sich inzwischen mehr auf die westlichen Exportmärkte ausrichtet, nachdem es mit seinem Hauptexportmarkt, Russland wiederholt zu Problemen kam. Zudem hat es einige sehr interessante, autochthone Rebsorten zu bieten, z.B. die Weißen Sorten Feteasca Alba, Feteasca Regală und Viorica sowie die Roten Feteasca Neagră, Rara Neagră und Saperavi.

Was ich nicht erwartet habe, war so viel selbst produzierter Wein. Aber das ist, was die Einheimischen trinken und was man angeboten bekommt, wenn man in ihre Häuser eingeladen wird oder in eines der rustikalen, bodenständigen Restaurants geht. “Es ist eine Moldawische Tradition – jeder baut Trauben an, macht Wein, hat einen Keller”, erklärt meine Reiseleiterin, Natalia Cojuhari. “Wer dich nicht mit einem eigenen Wein begrüßen kann gehört zur Unterschicht.”

Unterstoßen der Maische für den Hausgemachten Wein
Unterstoßen der Maische für den Hausgemachten Wein

Aber auf das anständige Zeug – also Wein, der Exportaufträge erhält und Anhänger rund um den Erdball gewinnen kann – muss ich noch warten, bis ich eine der neuen oder renovierten Weinkellereien besuchen kann. Jene Weingüter, die einen Teil der 330 Millionen Euro erhalten haben, die der Westen im Laufe des letzten Jahrzehnts in Moldawien investiert hat, um es aus der Umklammerung Russlands zu befreien. Immerhin sind rund ein Viertel der Erwerbstätigen des Landes in der Weinindustrie beschäftigt. Ihr Anteil am Bruttoinnlandsprodukt beträgt mehr als 3%.

Inzwischen habe ich herausgefunden, dass der süße Rotwein im Roma Palast nicht unbedingt typisch für den selbst gemachten Wein ist – die meisten haben eine kräftige Säure, was aber ausgesprochen gut zu den traditionellen Gerichten wie Plăcintă (ein vorzüglich schmeckendes gefülltes Gebäck) und Mămăligă (Polenta, mit Schafskäse und Schmand) passt.

Im Gegensatz dazu sind die Weinkellereien auf der Reiseroute glatt und steril. Die Gebäude sind Innen wie Außen tadellos, die Touren werden professionell geführt und sind gut durchdacht. Die Weine sind so, wie man sie sich von den aufstrebenden osteuropäischen Ländern erwartet, die sich zunehmend in Bezug auf Qualität und Güte positionieren.

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In Moldawien gibt es vier Stationen, die man als Weintourist besucht haben sollte. Die zwei großartigen Chateaus, Purcari und Vartely, und die zwei unterirdischen labyrinth-artigen Keller, Cricova und Mileştii Mici.

Weinkeller von Purcari
Weinkeller von Purcari

Purcari, in der südöstlichen Region, ungefähr 114 km von Chişinău entfernt, wurde 1827 gegründet und ist einfach atemberaubend. Es ist ein Chateau im französischen Stil mit acht Suiten, zwei Restaurants, zwei Seen sowie Kellern, die von den früheren Bewohnern – Mönchen – in Form eines Kreuzes erbaut wurden. Die Bosavan Familie hat den Komplex, unterstützt mit reichlich US-Dollars, wieder aufgebaut, stets im Hinblick auf die Touristen. Allerdings eher auf Reisebuspartien statt Weintouristen.

Die Verkostung bei unserer Tour beinhaltete Chardonnay, Cabernet Sauvignon und einen süßen roten Wein, Cahor, der vor allem in den russisch Orthodoxen Gemeinden beliebt ist. Es ist eigentlich eine Schande, weil Purcari wirklich viel interessantere Weine erzeugt, allen voran die Cuvées bei denen jeweils eine regionale Rebsorte mit einem internationalen Partner in einem 51/49-Verhältnis gepaart wird: Rara Neagră mit Malbec oder Feteasca Alba mit Chardonnay. Und natürlich sein ikonischer Wein, Negru de Purcari, der ein Liebling des russischen Kaisers Nicholas II und der britischem Krone seit den Zeiten König George V gewesen sein soll. Er enthält 70% Cabernet Sauvignon, 25% Saperavi und 5% Rara Neagră. Er hat eine tiefe, rubinrote Farbe, reife Pflaumen, Feigen und Gewürze in der Nase sowie rote und schwarze Früchte mit in Eichennoten eingebunden Gewürzen im Mund.

Ein anderer toller Roter ist der Freedom Blend, eine Cuvée aus 50% Rara Neagră, 45% Saperavi und 5% Bastardo. Purcari gehört zu der steigenden Zahl an Erzeugern, die einen sortenreinen Rara Neagră ausbauen. Diese im Anbau schwierige rote Traube hat einen hohen Gerbstoffanteil bei niedriger Säure, sie kann aber einen eleganten Wein irgendwo im Spektrum zwischen Pinot Noir und Sangiovese hervor bringen. In der Nase rote Kirschen und getrocknete Kräuter, mit Granatapfel und floralen Noten sowie etwas Pfeffer und Gewürze. Im Mund hat er einen mittelkräftigen Körper, frisch, beherrscht von roten Beeren und Dörrobst. Die Säure und die Würzigkeit geben ihm eine angenehme Struktur und einen ordentlichen Abgang.

Frederico Giotto, italienischer Weinmacher und Berater
Frederico Giotto, italienischer Weinmacher und Berater

Der italienische Weinberater Federico Giotto, der seit 2009 mit Purcari arbeitet, hat mir erzählt, warum er ein Anhänger der Weine aus Moldawien ist: “Moldawien hat ein Terroir, das Trauben und Weinen eine großartige Identität verleiht. Die Böden sind gewöhnlich sehr dunkel und reich an organischer Masse, aber es gibt auch einige Regionen, wo es, dank des vulkanischen Ursprungs, einen großen Anteil an Eisen im Boden hat. Genau dort werden einige der besten weißen Weine Moldawiens erzeugt. Abgesehen von den Böden sind die weiteren Elemente, die den Character dieser Weine ausmachen, die Ausrichtung und die Nähe zu den vielen Flüssen des Landes und nicht zu vergessen, der Einfluss des Schwarzen Meers.” Vor allem mag er die “außerordentliche Frische und die Ehrlichkeit der Weine”.

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Château Vartely in Orhei, etwa eine Stunde nördlich von Chişinău, ist ein moderner wirkender Komplex, der aber nicht weniger eindrucksvoll ist, mit Unterkünften in ‚traditionellen‘ Villen, zwei großartigen Verkostungsräumen, einem Restaurant und einem ursprünglichen Weingut. Es ist der Traum eines jungen Winzers aus Moldawien, Arcadie Fosneas, der sein Handwerk in Deutschland erlernt hat und eine spezielle Affinität zu den aromatischen Weißen Feteasca Regală, Sauvignon Blanc und Traminer hat. Die Weinkellerei, Teil eines Öl-Konzerns, besitzt 260 Hektar eigene Rebfläche und hat weitere 150 Hektar unter ihrer Kontrolle, von denen sie Trauben zukauft.

Château Vartely
Château Vartely

Eine weitere Touristenattraktion in der Nähe, die einen Besuch wert ist, ist das orthodoxe Höhlenkloster Orheiul Vechi (Alt-Orhei), das die einzige UNESCO Welterbestätte Moldawiens ist.

Das surreale an diesen Besuchen war, dass man in einem luxuriösen Chateau saß und hochtrabende Themen, wie die Liebe des russischen Dichters Aleksandr Puskin zu den Zigeunern besprach, nachdem man auf seiner Route gerade an so viel Armut vorbei gekommen ist. “Wir stehen an der Spitze der Liste der Unglücklichen”, hat Natalia gestanden. “Es ist ein schönes Land, aber wir mühen uns ab um einigermaßen zu überleben. Wie können Sie glücklich sein, wenn Sie die Rechnungen nicht bezahlen können? Es ist nur der Wein, der uns glücklich macht.”

Eine andere unwirkliche Erfahrung war die Fahrt (!) durch einen Weinkeller. Tatsächlich es ist noch surrealer als das. Die Cricova ‚Keller‘, ungefähr 15 km nördlich von Chişinău, sind eher eine unterirdische Stadt, wo Straßen nach den Rebsorten benannt und die Häuser riesige Eichenfässer sind. Die Tour durch die Tunnels, die in den Kalkstein gegraben sind, hat Zwischenaufenthalte, um zu sehen, wie die Schaumweine der Weinkellerei gemacht werden und um die nationale Weinsammlung zu begutachten. Die Weine datieren zurück bis ins Jahr 1902 und enthalten die Privatsammlungen von Hermann Göring, Wladimir Putin und Angela Merkel. Ich habe Burgunder und Bordeaux aus den 1930er Jahren und kalifornische Weine aus den 1990er Jahren entdeckt.

Die fünf unter einem bestimmten Thema stehenden Verkostungsräume sind so eindrucksvoll wie die 120 km langen Tunnels. Einer ist im ‚Präsidenten‘-Stil gehalten, ein anderer ist Europäisch, und mein Favorit wird ‚Seeboden‘ (Sea Bottom) genannt. Man trinkt hier Moldawiens Antwort auf Prosecco, Crisecco, 80 Meter unter dem Dorf Cricova, aber es fühlt sich an wie 20.000 Meilen unter dem Meer. Völlig unglaublich. Der Crisecco wird aus Feteasca Albă und Muskateller gemacht. Er ist fruchtig und spritzig, aber meine ‚Lieblingsbrause‘ in Cricova war die Cuvée Aleksandr nach traditioneller Methode bereitet – reich, knackig und absolut erfrischend.

Cricova ist aber nicht der größte Weinkeller in Moldawien und hat auch nicht die größte Sammlung an Weinflaschen. Diese Ehre gehört Mileştii Mici, 25 km nördlich von Chişinău, wo sich eine Tour durch die Kalksteingalerien auf 200 km und 2 Millionen Flaschen aufsummiert. Genug für zwei Einträge im Guinnessbuch der Weltrekorde.


Weingut Et Cetera
Weingut Et Cetera

Das Problem mit all diesen Orten, war für mich, die Betonung auf der Infrastruktur, obwohl ich der Weine wegen gekommen bin. So war mein Lieblingsbesuch das Weingut Et Cetera etwa 20 Minuten von Purcari entfernt, nahe dem Ort Crocmaz. Et Cetera wird von den Brüdern Igor und Alex Luchianov geführt, die ihr Geld mit dem Betrieb von Casinos auf Kreuzfahrtschiffen in den USA gemacht haben. Ihre funktionelle fabrikartige Weinkellerei – 2009 eröffnet – und das gemütliche Restaurant, ist von 45 Hektar jungen Weinbergen umgeben. Es war nichts Surreales daran hier auf der Terrasse des Restaurants zu sitzen und eine Auswahl von Alex‘ Weinen zu genießen. Es war ein schieres Vergnügen, und ich war sehr dankbar dafür. Der weiße Cuvée, zu gleichen Teilen aus Chardonnay, Pinot Blanc und Sauvignon Blanc, lief sehr geschmeidig. Ebenso der sortenreine Chardonnay – 15%-Alkohol, aber wunderbar eingebunden. Am meisten Spaß haben aber die roten Verschnitte gemacht. Die Cuvée Rouge war dabei herausragend. Ein Blend aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Saperavi und Rara Neagră. Wir konnten ihn aus der Flasche und aus dem Fass kosten. “Er hat Persönlichkeit”, war Igors Kommentar.

Ich habe ihm gesagt, dass er köstlich sei. Und dieses Mal habe ich es auch so gemeint. Ich habe mich zurückgelehnt und den Sonnenschein im Glas aufgesaugt. Ich hätte dort länger bleiben können. Glücklicher Weise baut die Familie acht Gästezimmer, die ab Frühling 2016 bereit sind. Sie bauen auch ein Weingeschäft in Chişinău, in ihrem Büro über dem besten Weinladen der Stadt, Carpe Diem. Ich hatte dort an meinem letzten Abend in Moldawien zu Abend gegessen. Ja, Speisen in einem Weinladen – eine weitere surreale Erfahrung – aber damit hatte ich auch die Chance bekommen, Weine von kleinen Erzeugern wie Vinăria Nobilă, Äquinoktium, Mezalimpe und DAC. Außerdem konnte ich die eigene Reihe von Carpe Diem vom talentierten Weinbauer Ion Luca kosten, der Leiter der Vereinigung der Kleinen Weinerzeuger Moldawiens ist und auch Wein unter dem Crescendo Etikett macht.

Es hat mir gezeigt, dass es in Moldawien mehr Wein zu entdecken gibt als die Top-Namen, und ich habe versprochen, im nächsten Oktober zur Feier des Nationalen Wein Tags zurückzukommen, um noch mehr der 140 Weinkellereien des Landes zu entdecken.

Wie kommt man hin?

Nach Chişinău, Moldawiens Hauptstadt, können Sie von den meisten europäischen Knotenpunkten wie Frankfurt, München, Mailand, Wien und Bukarest fliegen. Die meisten im Artikel erwähnten Orte sind maximal zwei Stunden von der Hauptstadt entfernt.

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Kellertalk mit Lorena Deaconu, Weingut Halewood, Rumänien

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Lorena Deaconu, geb. 1967 in Pitesti (RO), ist Winzerin und arbeitet seit 2007 für das Weingut Halewood in Rumänien. Nach ihrem Studium an der Universität für Weinbau und Önologie in Bukarest, war sie am Forschungsinstitut für Weinbau in Stefanesti/Arges tätig. Darauf folgten Anstellungen bei Vinexport und Euroavipo Bukarest. 2002-2006 war sie als Winzerin und Önologin für die Weinproduktion von Murfatlar Winery zuständig. Auf verschiedenen Auslandsreisen konnte Lorena Einblicke in die Arbeit von Weingüter in Kalifornien, Australien, Frankreich und Chile sammeln. Sie wird regelmäßig als Jurorin für Wettbewerbe eingeladen und ist Mitglied des rumänischen Sommelierverbandes (ADAR), sowie im Inspektionsvorstand des rumänischen Agrarministeriums. Ihre Weine haben zahlreiche nationale und internationale Preise und Auszeichnungen gewonnen. 

Für das Wein Tourist Magazin sprach Aloisia Dauer, unsere Expertin für Rumänische Weine, mit Lorena Deaconu.

Lorena Deaconu von Halewood Wineries (li) mit Aloisia Dauer
Lorena Deaconu von Halewood Wineries (li) mit Aloisia Dauer

Aloisia Dauer: Frau Deaconu, wann war es für Sie klar, dass Sie Winzerin werden möchten?

 Lorena Deaconu: „Meine Reise in die Welt der Weine begann schon während meiner Studienzeit, mit meinem ersten Besuch am Forschungszentrum Viti-Vinicola in Stefanesti im Landkreis Arges. Dort hatte ich das große Glück einige der besten Weinforscher kennenzulernen, die mir die Leidenschaft für Weine eingeflößt haben und die mich bei meinen ersten Schritten in dieser Welt geführt haben.“

 Wie sind Sie in die Weinbranche eingestiegen?

 „Ich habe fünf Jahre an der Universität für Weinbau und Önologie in Bukarest studiert und nach meinem Diplomabschluss bin ich nach Stefanesti (Anm.: Forschungszentrum für Weinbau) zurückgekehrt. Dort hatte ich die großartige Möglichkeit mit, für die damalige Zeit, sehr fortschrittlichen Technologien zu arbeiten. Außerdem habe ich viele Experten in dieser Fachrichtung kennengelernt, die meine Liebe und Leidenschaft zum Wein gefördert haben. Bei diesem Anlass möchte ich mich herzlichst bei dem Direktor Herr Giosanu bedanken, genauso wie bei den Forschern Herr Titus Popescu und Frau Ileana Iorgu.“

 Was lieben Sie am meisten an Ihrer Arbeit und warum?

 „Der wichtigste und ergreifendste Moment, aber auch einer der schwierigsten, ist die Traubenernte, die Verarbeitung und die ‚Geburt‘ des Weins. Ich benutze jedes Mal den Begriff ‚Geburt‘, weil die Weine wie die Kinder des Winzers sind. Wenn die ‚Kinder‘ gesund geboren werden, haben sie eine großartige Zukunft und eine besondere Entwicklung vor sich. Aber dafür muss der Winzer ständig achtsam sein auf den Gärungsprozess des Traubenmostes, den zukünftigen Wein und stets seine Entwicklung verfolgen. Genauso wie Eltern auf ihre Kinder Acht geben.
Die Belohnung kommt mit dem Wissen, dass man etwas schafft, was die Leute genießen. Ich schaue immer noch ganz neugierig in die Gesichter der Menschen, die zum ersten Mal unsere Weine probieren.“

Wer hatte den größten Einfluss auf Ihre Karriere?

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 „Ich betrachte mich als eine glückliche Person, weil ich während meiner gesamten Laufbahn hindurch viele Persönlichkeiten treffen durfte, die mir geholfen haben, die mich unterstützt und mich auf meinem Weg geführt haben. Wie ich schon anfangs erwähnte, hat alles in Stefanesti begonnen. Später dann bei Vinexport Bukarest, habe ich die ersten Schritte getan hin zum besseren Verständnis von Geschmack und Anspruch der ausländischen Konsumenten. Noch später in Murfatlar, bekam ich die Möglichkeit für sechs Jahre mit dem renommierten australischen Winzer Stephen Bennett zusammen zu arbeiten, vor allem an Rotweinen und Weinspirituosen. 2007 habe ich bei Halewood begonnen, wo ich die Möglichkeit hatte mich als Winzerin zu entwickeln.“

Welches war das erstaunlichste Erlebnis auf Ihren Weinreisen?

 “California, Matanzas Creek Winery, Sonoma Valley.”

Als Sie angefangen haben zu arbeiten, was hat Sie am meisten begeistert?

 „Die Möglichkeit des Spiels mit den Traubensorten, die Kunst des ‚Formens‘ bei Rotweinen und die unendlichen Möglichkeiten, die rote Trauben einem geben. Das Vermögen eines Winzers seinen Fingerabdruck auf jedem Wein zu hinterlassen und das freudige Gefühl und die Aufregung, wenn die ‚Kinder‘ Preise und Medaillen einbringen.“

Was war der dramatischste Wechsel im Weinbau, seit Sie begonnen haben?

 „Ein großer Wechsel, und damit meine ich Evolution, ist nach 1990 geschehen, als neue Weinberge mit neuen Arten und Klonen angebaut wurden. Dadurch konnten sich neue Weingüter mit fortschrittlicheren Technologien etablieren. Den Winzern muss man dafür Anerkennung zollen, dass sie sich durch ihre Ausbildung und Erfahrung in diesem Bereich unglaublich schnell angepasst haben. Dies hat der Entwicklung der Industrie sehr geholfen.“

Was glauben Sie würde jemand bei den Weinen aus Rumänien am meisten erstaunen?

 „Unsere Weine überzeugen mit Persönlichkeit und Eleganz, gegeben von der jeweiligen Region, woher sie stammen.
Dadurch sind die Weine aus Transsilvanien sehr fruchtig, vor allem die Weißweine, mit einer gut ausgeglichenen natürlichen Säure und mit ihrer Geschmeidigkeit sind sie eine sanfte Sensation am Gaumen.
Dealu Mare ist eine bemerkenswerte Region und berühmt für die Rotweine, aber auch für einige Weißweine. Die hier produzierten Weine sind robust, aber ausgeglichen und mit vollem Körper mit langen und wohldefinierten Aromen.
In der Murfatlar Region haben wir 55 Hektar biologische Anbaufläche, was uns die Möglichkeit gibt rote, elegante Weine zu erzeugen, mit mittlerem Körper und feinen Tanninen. Sogar die jungen Weißweine offerieren außergewöhnliche Aromen. Von den Weißweinen möchte ich besonders die hervorheben, die für eine lange Reifung geeignet sind, wie Chardonnay oder Pinot Gris.“

Mit welchen Herausforderungen wird diese Region konfrontiert?

 „Ich glaube die größte Herausforderung für alle Weinregionen ist das ständig wechselnde Klima und das Suchen nach der besten Lösung, um die Weinqualität zu behalten. Die Natur bestimmt viel.“

Können Sie eine Vorhersage über die Zukunft des Weinbaus in Rumänien machen?

 „Die Region entwickelt sich ständig. Das bedeutet mehr Weinproduzenten, mehr Konkurrenz, was zur Erhaltung und Verbesserung der Weinqualität und dem Vertrauen des Konsumenten führen wird.“

Was glauben Sie, was jemanden überraschen wird, der Ihre Weinregion besucht?

 „Die Besonderheit der Region wird durch ihre Authentizität repräsentiert, die Hügel und die besondere Anordnung der Weinberge, die ein wunderschönes Landschaftsbild bieten. Außerdem die neuen Investoren, große und kleine, die neue Weinkeller und Technologien bringen, die Weintouren und besondere Verkostungen anbieten. Das ergibt einen angenehmen ersten Eindruck.“

Was können Sie uns noch erzählen, das Leute ermutigen würde Rumänien zu besuchen?

 „Die Schönheit der Orte und ihre Einwohner sind faszinierend. Es ist beeindruckend, dass fast jede Familie in dieser Gegend einen eigenen kleinen Weinberg hat und sich mit viel Hingabe darum kümmern.“

Welchen Ratschlag geben Sie jemanden, der sich Gedanken macht in die Weinindustrie einzusteigen?

 „Wichtig ist die Leidenschaft, Geld und Geduld. Für mindestens fünf bis sieben Jahre.“

Welcher war der erste Wein, den Sie bewusst verkostet haben?

 „Der erste Wein, den ich probiert habe, war ein süßer, alter Weißwein, über 20 Jahre, von dem Weinkeller des Weinforschungszentrums in Stefanesti. Wie jeder Anfänger, war ich von der Farbe und dem Alter beeindruckt, von den vielfachen Geschmacksrichtungen, aber wahrscheinlich am meisten von seinem Alter! Der bleibt für immer in wunderschöner Weise in meinem Gedächtnis gespeichert.“

Vielen Dank für das Interview, Frau Deaconu!


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