Slowenien: Land der Berge, Seen, Wälder und des Weins!

Übersetzte Fassung des Artikels „The Best Country for Wine Tourism?“ von Chris Boiling, erschienen im Wine Tourist Magazine, Ausgabe März 2016.

„Ich fresse meine Arbeiter schon nicht, und das wissen sie auch.”, so stellt mir der biodynamische Weinmacher Radovan Šuman sein Personal vor – es sind Enten und Schafe. Dies ist einer der vielen unvergesslichen Momente meiner kurzen Tour durch eines der faszinierendsten Weinländer Europas: Slowenien.

Slovenske Gorice - Bildquelle: Lenarčič; www.slovenia.info
Slovenske Gorice – Bildquelle: Lenarčič; www.slovenia.info

Innerhalb von ein paar Tagen und wenigen hundert Kilometern habe ich eine enorme Bandbreite an Wein gesehen und gekostet. Ich habe einige der besten trockenen Weine der Welt probiert – Sortenreine Sauvignon Blancs, Rieslinge, Pinot Blancs, Pinot Gris, Chardonnays und Traminer. Ich habe auch ausgefallene Varianten probiert – Sauvignon Blanc, der für eine lange Lagerung bereitet wurde, Pinot Gris, der pinkfarbener war, als viele Rosés, einen Traminer, der 18 Jahre lang in Eichenfässern gereift ist und Weißweine, die länger als ein Jahr auf der Maische gelegen haben.

 

Ich habe Weltklasse Rotweine aus Pinot Noir, Merlot, Cabernet Sauvignon und Barbera gekostet. Auch habe ich ausdrucksvolle Weine aus weniger bekannten Trauben genossen, beispielsweise aus Furmint, Rebula, Pinela, Zelen, Blaufränkisch und Zweigelt. Einige der ungewöhnlichsten und vielschichtigsten Mischungen habe ich auch probiert. Es gab einen Gemischten Satz, Zaria genannt, der einige der ältesten weißen Trauben des Landes enthält: 55% Pinela, 20% Zelen, 10% Rebula, 8% Vitovska, 4% Klarnica, 2% Chardonnay und 1% Rumeni Muškat. Und es gab einen Rotwein, der aus 50% Pokalca (Schioppettino), 30% Modra Frankinja (Blaufränkisch) und 20% Refošk (Refosco) gemacht wurde.

Ich habe Weine probiert, die in riesigen Stahltanks, Barriquefässern, Betoneiern oder Amphoren ausgebaut wurden. Ich habe moderne Weinkellereien gesehen, die in den Hang hineingebaut wurden, Keller die bis auf das Jahr 1239 zurückgehen und Höhlen, die per Hand gegraben wurden. Ich sah die älteste Weinrebe der Welt und eine, die die Reblaus überlebt hat, da sich ihre Wurzeln in einem Haus befinden. Ich sah auch Landstriche mit neuen Anpflanzungen auf überwältigend schönen, terrassierten Hängen.

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Sloweniens
Sloweniens „Alte Reben“ Weinfest

Das alles habe ich in einem einzigen Land erlebt. Einem kleinen, wenig bekannten Land, das häufig von den Nachbarstaaten, Italien, Österreich, Ungarn und Kroatien überstrahlt wird. Slowenien ist ein Land voller Berge, Seen, Wälder, ruhiger Straßen und 22.300 Hektar Weinbergen. Die meisten Stationen auf der Tour sind kaum zwei Stunden Fahrt von der Hauptstadt Ljubljana entfernt. Und diese Ausfahrten bereiten unwahrscheinlich viel Freude.

Als Wein-Tourist sollte man unbedingt die Touristeninformationszentren (TIC) der jeweiligen Stadt aufsuchen. Diese verkaufen häufig Wein, bieten Verkostungen an oder arrangieren Besuche bei den Weingütern. Die Weine sind im Großen und Ganzen recht gefällig, rund 77% der Weine tragen die geschützte Ursprungsbezeichnung Sloweniens (PDO – Protected Designation of Origin), und man wird stets aufrichtig und herzlich begrüßt.

Bei kleineren Weingütern ist es üblich, dass der Winzer einen persönlich herumführt und die Weinprobe leitet. Sie sind dabei oft so leidenschaftlich, dass solche Verkostungen schon mal ein paar Stunden dauern können, denn sie möchten, dass man alles probiert, was sich sonst noch in ihren Fässern und Tanks befindet. Bei einem Weingut hat man für mich einen Furmint von 1976 hervorgeholt. Bei einem anderen haben sie nach meiner Meinung zu einem Chardonnay von 1990 gefragt, der also aus der Zeit stammt, bevor sich Slowenien von Jugoslawien loslöste.

Erfreulicherweise bieten viele der Weingüter eine Unterkunft an oder haben zumindest Bekannte, die ein Gästehaus betreiben. Ein Zimmer kostet durchschnittlich 50,- bis 70,- Euro pro Nacht. Man bekommt hier noch richtig was für sein Geld. So kann man guten Weißwein für 6,- bis 12,- Euro kaufen, ein ordentlicher Rotwein liegt zwischen 8,- und 15,- Euro und ein Dreigangmenü kostet 10,- bis 12,- Euro.

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Slowenien ist in drei Weinbauregionen unterteilt, Podravje, Posavje und Primorje. Jede von ihnen hat ihre eigenen Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten aufzuweisen.

Die Region im Nordosten, Podravje, ist für trockene Weine bekannt, die meist aus internationalen Rebsorten wie Sauvignon Blanc, Riesling und Traminer, sowie dem regionalen Flaggschiff Furmint (hier auch Sipon genannt) gemacht sind. Es gibt auch schöne Vertreter von Pinot Noir und den österreichischen Rotwein-Sorten Blaufränkisch und Zweigelt.

Weinberge von Jeruzalem. Bild: Marco Coppo; www.slovenia.info
Weinberge von Jeruzalem. Bild: Marco Coppo; www.slovenia.info

Die wichtigsten Städte dieser Region sind Maribor, wo die älteste Rebe der Welt zu finden ist (über 450 Jahre alt), und Ptuj, wo die Pullus-Keller bis ins Jahr 1239 zurückdatieren. In Podravje findet man auch den ältesten Schaumweinproduzenten des Landes, Radgonske Gorice, der seit 1852 Sekt nach klassischer Methode herstellt. Die wunderschönen Keller können besichtigt werden. Zu bestaunen gibt es dort einen kleinen Wasserfall der aus dem Fels entspringt und ein römisches Rad durch das sich wunderschön das Sonnenlicht bricht.

Andere Weingüter, die einen Besuch wert sind: Marof, das wie ein umgekehrtes Schiff erbaut wurde, in Anlehnung an die Zeit, als das Land noch vom Pannonischen Meer bedeckt war; Zlati Grič, das in den Berghang gebaut wurde und einen Neun-Loch Golfplatz zwischen den Reben zu bieten hat; sowie P&F (Puklavec and Friends), dem größten Weinproduzenten der Region, mit einem siebenstöckigen, zylinderförmigen Kellereigebäude.

Startpunkt: Entweder das Touristeninformationszentrum in Maribor oder in Jeruzalem.

Sehenswert: Jeruzalem, ein kleiner Ort im Herzen eines der besten Terroirs der Welt. Die dort angebauten Weine können im Touristeninformationszentrum probiert werden, ebenso im 300 Jahre alten Landhaus von P&F in den Weinbergen, oder in einem Weinladen in Svetinje, Svetinjska Klet. Halten Sie zum Mittagessen an der rustikalen Gostišče Taverna und probieren Sie die Pinot Noir-Merlot Cuvée, die 25 Monate in Maulbeerbaum-Fässern gereift ist.

Unterkunft: Das Zlati Grič Weingut bietet vier Appartements in einer ehemaligen Villa auf einem Hügels, von wo aus man das Anwesen überblicken kann; Hlebec besitzt sieben gemütliche Zimmer und bietet fantastische Hausmannskost zum Wein, der von Vater und Sohn hergestellt wird, beide heißen Milan Hlebec.

Besuchen Sie keinesfalls das Anfangs genannte kleine Weingut von Radovan Šuman in Zavrh, wenn Sie nicht seine biodynamischen Weine zu schätzen wissen. Ich war dort, als er eine Busreisegruppe abwies. „Sie werden meine Weine nicht verstehen”, meinte er.

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Posavje im Südosten ist ein Hotspot für Modra Frankinja und einer interessanten, hellroten, mit wenig Alkohol aber kräftiger Säure ausgestatteten Cuvée namens Cviček. Dies ist ein Verschnitt aus 70% roter Trauben (wie Modra Frankinja oder von Maribor’s alten Reben, Zametna Crnina) und 30% weißen Trauben (Kraljevina, Laški Rizling, Rumeni Plavec, Zeleni Silvanec, Ranfol, Lipna). Im Grunde ist es eine Mischung aus den alten Sorten, die die Reblaus überstanden haben!

Weinkeller Repnica Najgar
Weinkeller Repnica Najgar

Zu meinen Lieblingsproduzenten dieser Region zählt der exzentrische Janez Šekoranja, mit seinem Weingut – ‚Vino Graben‘ – und seinen Besonderheiten, wie einem bronzefarbenen Pinot Gris, der 45 Tage mit den Traubenschalen vergoren wurde, sowie einen süßen Traminer von 1997, der 18 Jahre in Eiche verbrachte. Diese Region hat seinen eigenen, erstklassigen Schaumweinproduzenten, Istenič, dessen Besitzer der ehemalige jugoslawische Torwart Janez Istenič ist. Einige seiner Weine zeigen die Vielfalt, die typisch für dieses Bizeljsko-Gebiet, Rumeni Plavec, ist.

Ein anderer Top-Produzent der Region ist der Süßwein-Guru Jožef Prus. Dies ist der einzige Ort, den ich kenne, an dem man Rumeni Muškat (Gelber Muskateller) in all seinen Variationen probieren kann: trocken, perlig und in drei verschiedenen, süßen Varianten (Spätlese, Eiswein und Trockenbeerenauslese).

Startpunkt: Touristeninformationszentrum in Krško oder Čatežob Savi.

Sehenswert: Die Repnice Weinkeller. Die Einheimischen haben diese Höhlen zur Lagerung von Obst und Gemüse, z.B. Rüben (Repa), in den Hang gegraben. Jetzt werden sie zur Lagerung von Wein genutzt und bieten eine tolle Atmosphäre, um regionale Speisen zu genießen. Ich habe die Repnica Najgar besucht.

Essen: Mein Lieblings-Fischrestaurant im Lande ist Ana Kranjčič, das eine eigene Bio-Fischzucht betreibt. Man kann die Fischzucht vor dem Essen besuchen, um zu sehen, wie die Forellen und Karpfen aufgezogen werden, die später auf dem Teller landen. Ich habe auch auf Burg Sevnica gegessen, die einen eindrucksvollen, runden Keller unter einem ihrer Türme hat.

Unterkunft: Ich übernachtete in einem der vielen natürlichen Spas des Landes, Čatež, das Pools im Innen- und Außenbereich, sowie eine Sauna und ein Casino hat. Eine Alternative dazu wäre die Burg Sevnica des gleichen Unternehmens. Außerdem hat das Weingut Istenič in Bizeljsko acht Doppelzimmer zu bieten.

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Primorje, westlich von Ljubljana, ist Sloweniens produktivste Weinbauregion mit einer Produktion von über 25 Millionen Liter Wein im Jahr. Hier befindet sich Sloveniens beliebteste Unterregion, Goriška Brda. Diese Region teilt sich sowohl das Hügelland wie auch die avantgardistische Gesinnung mit den Weinproduzenten im italienischen Collio. Die bekanntesten Weine sind Weißweine, aus der regionalen Leitsorte Rebula (Ribolla Gialla), es gibt aber auch viele gute Merlot-Cabernet-Kompositionen.

Goriska Brda. Bildquelle: Aleš Fevžer; www.slovenia.info
Goriska Brda. Bildquelle: Aleš Fevžer; www.slovenia.info

Der Star-Winzer in diesem Gebiet ist Aleš Kristančič von Movia. Movia arbeitet seit 20 Jahren biodynamisch und Aleš baut in achter Generation auf dem Anwesen rein biologisch an. Aleš’ Top-Weine sind ein Sauvignon Blanc, der zwei Jahre lang in französischen Eichenfässern gereift ist, ein roter Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Pinot Noir, sowie zwei Premium-Sekte – Puro und Puro Rosé – die nicht degorgiert sind, also noch die gesamte Hefe enthalten. Sie sind somit praktisch ewig lagerbar, jedoch entsprechend umständlich zu öffnen, da sie zunächst von der Hefe gezogen werden müssen. Eine Anleitung, wie man das unter Wasser selbst bewerkstelligt ist den Flaschen beigelegt.

Weiter die Straße entlang kommt man zum Bio-Winzer Marjan Simčič, dessen Weine ein wenig bodenständiger sind, jedoch ebenso konzentriert, komplex und kraftvoll. Marjan erzählte mir, dass er Wein produziert, der in 10 bis 20 Jahren zu trinken sei und hierfür die Hefen statt Schwefel nutzt, um ihn haltbar zu machen. Sein bekanntester Wein, Leonardo, wird aus getrockneten Rebula-Trauben bereitet und bekehrt wirklich jeden zum Dessertwein- Connoisseur.

Die Straße hinauf gibt es einen kleinen Schaumweinspezialisten, Bjana. Der Weinbauer Miran Sirk nimmt Rebula für seinen, nach klassischer Methode bereiteten Sekt, gemeinsam mit Chardonnay oder Pinot Noir. Miran meint, dass Rebula zur „Eleganz und Frische” der Assemblage beiträgt. Er und seine Frau Petra haben auch zwei luxuriöse Zimmer für Übernachtungsgäste anzubieten.

Für mich sind es die hohe Qualität und die enorme Vielfallt innerhalb von fünf Minuten Fahrt, die dieses Gebiet zu einem Juwel machen. Die benachbarte Unterregion, das Vipava Tal, hat auch viel Interessantes zu bieten. Dort gibt es einige herausragende biodynamisch und biologisch arbeitende Betriebe, Batič, Guerila und Burja nutzen den Vorteil der kräftigen Winde, die durch das Tal wehen. Hier gibt es drei autochthone Rebsorten: Pinela, Zelen und Klarnica. Darüber hinaus hat das Vipava-Tal zwei der besten Restaurants des Landes aufzuweisen: Zemono Manor und Majerija.

Startpunkt: Das Touristeninformationszentrum in Dobrovo, Vipava oder Ajdovščina, oder der Faladur Weinladen in Ajdovščina.

Sehenswert: Die Postojna Höhlen.

Unterkunft: Haus Iaquin in Goriška Brda, geführt von Brüdern, die ihren eigenen Wein produzieren, und Majerija im Vipava-Tal (www.majerija.si/de), mit einem fantastischen Restaurant, die 10 Gästezimmer liegen sämtlich unterirdisch neben dem historischen Bauernhof.

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